Oh, meine Genitalien

Das erste Mal habe ich eine Vulva mit circa zehn Jahren gesehen und es war nicht meine eigene. Ich hatte damals eine Freundin, die etwas älter war als ich und ich fand sie sehr beeindruckend. Sie schien so reif zu sein, so cool, so locker. Ich wollte damals wie sie sein. Sie war die Erste, die „schmutzige Gedanken“ laut ausgesprochen hat. Das fand ich super cool.

Eines Tages als wir uns getroffen haben, hat sie eine Zeitschrift mitgebracht. Die Zeitschrift sah bunt aus, aber auch alt und verblichen. Sie hat sich sehr über diese gefreut und darüber, sie mir zu zeigen. Das war das erste Mal, dass ich Pornographie gesehen habe. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass es Lesben-Porno war und dass da auch ein pinker Dildo im Spiel war. Ich fand die Bilder faszinierend und fragte mich, wie manches von dem, was ich da sah, möglich ist. Um mit meiner eigenen Vulva in Kontakt zu treten, habe ich allerdings noch lange gebraucht.

Mir wurde die Sexwelt sehr schnell gezeigt und ich bin direkt eingetreten. Dabei ging es aber immer um die Körper anderer Menschen und niemals um meinen eigenen Körper. Deswegen musste oder wollte ich mich nicht damit beschäftigen. Mir haben die Bilder anderer Genitalien ausgereicht, ich war damit zufrieden. Dachte ich zumindest. Und wahrscheinlich habe ich auch gedacht, dass meine Vulva eh nichts zu bieten hätte, also kann ich sie auch einfach ignorieren. Schade.

Die perfekte Vulva gibt es nicht

Damals hat mir auch niemand gesagt, ich solle mich anfassen, mich berühren und anschauen. Ich habe selten darüber nachgedacht und wenn ich es tat, dann fand ich den Gedanken befremdlich. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass meine Vulva schön sein könnte. Niemand hat mir gesagt, dass es nicht komisch ist, sich selbst anzufassen. Niemand hat mir gesagt, dass es ungesund ist, den eigenen Körper eklig zu finden und dass es ungesund ist, zu denken, man müsse eine perfekte Vulva haben, wie ich sie aus den Bildern kannte. Haarlos, farblos, glatt, symmetrisch.

Ab dem Zeitpunkt, ab dem Geschlechtsverkehr eine wichtige Rolle für mich und meine Freund*innen eingenommen hat und alle ihr erste Mal so schnell wie möglich hinter sich bringen wollten, habe ich Angst bekommen. Ich wollte es definitiv nicht so schnell hinter mich bringen. Denn das hieße, dass mich jemand nackt sehen würde. Dieser Gedanke war unausstehlich. Ekelhaft. Gruselig. Abartig. Ich fand mich abartig. Und zu dem Zeitpunkt wusste ich immer noch nicht, wie meine Perle aussieht. Und wollte es nicht wissen.

Inzwischen ist viel Zeit vergangen und ich habe viel dazu gelernt. Viele junge Menschen haben Angst vor dem ersten Mal und auch vor den folgenden. Viele von uns fragen sich, ob wir da unten gut genug aussehen, riechen, schmecken. Denn ich habe nachgeschaut und es sieht nicht mal ansatzweise so aus wie bei den Frauen aus den Filmen. Ich habe Haare, selbst wenn ich mich rasiere sind da so kleine, schwarze Punkte und meine Schamlippen sind auch nicht symmetrisch.

Probier dich aus

Wir vergleichen uns oft mit anderen und fragen uns, ob wir perfekt sind. Es ist aber nunmal so, dass jedes Genital anders ist. Es ist wie mit dem Fingerabdruck. Einzigartig. Aber das muss man erstmal erkennen. Wie? Indem man sich mit dem eigenen Körper auseinandersetzt, sich selbst kennen und lieben lernt und immer neu entdeckt. Dazu spielt die Selbstbefriedigung bzw. Masturbation eine sehr wichtige Rolle.

Oh meine Genitalien 2Es geht nicht nur darum, dass masturbieren geil ist. Es geht um so viel mehr. Denn Sex macht meiner Meinung nach keinen Spaß, wenn du nicht weißt, was du willst. Schau dich im Spiegel an, experimentiere mit deinen Fingern und erkenne wie du aufgebaut bist, wo was ist und was wozu dient. Merk‘ dir welche Konsistenz deine Ausflüsse haben um zu kontrollieren, ob alles in Ordnung ist. Finde deine Klitoris und spiele damit rum. Sei dabei vorsichtig, aber vielfältig. Die Klitoris ist sehr empfindlich. Das musst du aber selber herausfinden. Es gibt nicht die eine richtige Art zu masturbieren oder einen Handjob zu geben. Und nur weil du es so magst, heißt es nicht, dass jemand anderes das genau so mag.

Checkt OMGYes aus!

Und hier kommt meine Empfehlung: OMGYes. Einfach nur der Hammer! Diese Seite gibt dir wissenschaftliche Informationen zum Thema weibliche Lust, welche sehr lange ein Mythos war und heutzutage leider immer noch ein Tabu ist. Außerdem zeigt dir die Seite, wie du masturbieren kannst. Es werden verschiedene Vorlieben erklärt und auch gezeigt von Menschen, die diese praktizieren.

In kurzen Videos erklären verschiedene Frauen, worauf sie stehen und wie sie am besten zum Orgasmus kommen, ob mit Hilfe der eigenen oder einer anderen Hand, mit verschiedenen Spielzeugen oder ähnlichem. Am Ende des Videos zeigen die Frauen am eigenem Körper, was sie genau meinen. Und das ist klasse.

Vulvas mit Schamhaaren, mit Farben, jung und alt. Und da sieht man, dass sie alle einzigartig sind und das ist auch gut so. Es geht aber noch besser: Während du das Video guckst, lädt nebenan eine Simulation, die dich die eben beschriebene Technik ausprobieren lässt. Du hast plötzlich eine Vulva vor deinem Gesicht. Keine Sorge, eine angenehme Stimme leitet dich an. Und nun ist es dein Job, Geduld zu üben, zu schauen wie sich die Schamlippen dabei bewegen und zu hören, ob es langsamer oder schneller, mehr nach links oder eher mittig gehen soll. Glaub mir, es ist ist wirklich interessant!

Und vergiss eins nicht: dein Körper ist wie die Welt. Viele Menschen können dir erzählen, wie schön die anderen Länder sind und dir Bilder schicken, aber das ist nicht damit zu vergleichen, die ganzen Orte selbst zu bereisen. Entdecke deinen Körper, bereise ihn, finde heraus was du liebst und was du nicht magst. Trau dich. Trau dich, deine Einzigartigkeit zu schätzen. Trau dich, deinen Körper zu lieben. Es ist das Beste, was du für dich tun kannst.

[Anm. d. Red.: Es gibt auf der Website OMGYes.com eine einmalige Zahlung, welche zur Zeit 39 Euro beträgt. Die erste Staffel umfasst 12 Episoden, 62 Kurzvideos und 11 Touch-Simulationen. Der Erlös von OMGYes wird in die Forschung zu weiblicher Lust investiert. Die Website kannst du dir aber kostenlos anschauen, so wie auch ein Beispielsvideo.]

Ein Artikel von Honorata Bystronska

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Honorata Bystronska

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