Ich habe noch nie einen Porno gesehen. Das erste Mal habe ich diesen Satz vor etwa zwei Jahren ausgesprochen, davor war es mir immer peinlich. Ich wollte nicht für prüde gehalten werden oder für verklemmt. Und ja, auch jetzt noch sind die Leute erstaunt, wenn über Pornos gesprochen wird und ich erzähle, dass ich noch nie einen gesehen habe. Genau sagen wieso, kann ich nicht richtig, ich glaube aus verschiedenen Gründen. Allerdings sollte man auch nie das Gefühl haben, sich dafür rechtfertigen zu müssen!
Früher, als Sexualität und dann auch schnell Pornos ein (wenn auch eher hinter vorgehaltener Hand besprochenes) Thema in meinem Freundeskreis wurden, dachte ich, ich müsste auch mal einen Porno schauen. Ich hatte jedoch Angst davor. Freund*innen hatten teilweise über Dinge gesprochen, die sie in den Filmen oder Videos gesehen hatten, die ich eigentlich gar nicht sehen wollte. Menschen, die mit Tieren Sex haben zum Beispiel. Ich hatte Angst, ungewollt etwas zu sehen, das ich nicht möchte und das mich beim Thema Sex nur noch mehr verunsichert. Außerdem wusste ich, dass auf Pornoseiten öfter Viren installiert sind und ich wollte nicht, dass meine Mutter auf dem Computer, den ich mitbenutzte, irgendwelche Spuren von einem Besuch auf einer Pornowebsite finden könnte. Und wen hätte ich auch fragen sollen, auf welche Website ich gehen solle? Die Leute, die über Pornos sprachen, waren viel zu erfahren – vor ihnen wäre es mir peinlich gewesen, meine Unwissenheit preiszugeben. Und die, die nicht über Pornos sprachen…die sprachen eben nicht über Pornos.
Irgendwann, ich denke als ich selbst begann Sex zu haben, war es mir auch gleich, ob ich nun schon Pornos gesehen hatte oder nicht. Ich brauchte sie nicht, weder für die Selbstbefriedigung noch für den Sex. Ich fand es sehr schön mit echten Menschen immer wieder neue Erfahrungen zu machen, an echten menschlichen Körpern zu lernen, wie diese funktionieren und mich auf jeden Menschen neu einzustellen, diesen zu erkunden und zusammen auszuprobieren, was wir mögen und was nicht. Für mich persönlich war es glaube ich ein Segen, keine Pornos geschaut zu haben. Allerdings ist da natürlich jeder Mensch anders.
Was ich damit sagen möchte ist lediglich Folgendes: Wer keine Pornos sehen möchte, darf sich nicht dazu drängen lassen. Du bist kein Alien, wenn du noch nie einen gesehen hast. Und du musst dich auch nicht blöd fühlen oder rechtfertigen, wenn du das ganz offen aussprichst, wenn es um das Thema geht. Und wer weiß: vielleicht geht es dir wie mir und du bekommst irgendwann mit 21 Jahren Lust, und zwar von dir selbst aus, einen Porno zu sehen: Denn vor etwa einem oder zwei Jahren hörte ich das erste Mal von Erika Lust und ihren feministischen Pornos.
Das lies mich das erste Mal wirklich aufhorchen: das interessiert mich. Es war das erste Mal, dass ich von mir aus Lust hatte, einen Porno zu sehen und nicht das Gefühl hatte, ich müsste das machen, weil es ja alle tun. Zwar habe ich immer noch keinen ihrer Filme gesehen, aber ich habe es fest vor. Bald. Und zwar nicht allein. Auch dieses Ereignis möchte ich gerne mit einem realen, echten Menschen teilen.
Ein Artikel von anonym.
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