Aufklärung – Was beinhaltet das eigentlich alles? Nur Sex? Oder geht Aufklärung über Sex auch hinaus?
Als ich das erste mal meine Tage bekommen habe, hat meine Mum mich zu einem Workshop mit anderen jungen Girls geschickt. Da haben wir dann darüber geredet, wie das so ist, wenn da plötzlich Blut in der Unterhose ist und der Uterus sich anfühlt, als würde er mit Messern durchgestochen werden. War schon cool. Mehr an Aufklärung gab es dann aber auch nicht, der Sexualkundeunterricht in meiner Schule war schrecklich, alles an Stereotypen wurde da rausgeballert und reproduziert. Meine Mum hat dann doch mal den Verhütungstalk mit mir gemacht und mir beigebracht: mach das, worauf du Lust hast. (Hier einmal: danke Mama!) Mein Papa wollte als ich 16 war den Talk dann auch mit mir führen und hat von Bienen und Blumen geredet, die sich bestäuben. War sweet, aber da wusste ich das alles schon. (Trotzdem, danke für den Versuch Papa!)

Und jetzt also FAQ YOU, ein Aufklärungsbuch, dass die 50 “wichtigsten” Fragen beantwortet und sich danach gerichtet hat, was die Community rund um den Jugend gegen Aids e.V. denn so wissen wollte. Ziemlich cool erstmal. Es geht um Fragen wie:
Ist mein Penis normal? Ist meine Vulva normal? Tut Sex eigentlich weh beim ersten Mal? Wie fühlt sich ein Orgasmus an? Wieso verliebe ich mich eigentlich? Und was machen diese Hormone da mit meinem Körper?
Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, die sich mit verschiedenen Themenbereichen auseinandersetzen, wie zum Beispiel sexuell übertragbaren Krankheiten und safer sex oder wie sich Liebe eigentlich anfühlt (good question), wer alles masturbiert und ob das auch okay ist (spoiler: it is, Masturbation für alle!). Verschiedene Fragen werden von verschiedenen Expert*innen und dem Team von Jugend gegen Aids beantwortet. Schade ist nur: fast alle Expert*innen sind weiß und Cis (stimmen also mit dem Geschlecht, was ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, überein). Es ist schön und wichtig, dass auch queere Menschen mitgearbeitet haben, aber queer heißt nicht nur weiße Menschen. Queer heißt auch BIPOC Persepektiven, Trans*Menschen of Color, nicht binäre Personen of Color (also Personen, die sich beispielsweise keinem Geschlecht zuordnen oder ihre Geschlechtsidentität nicht festlegen). Diverse Perspektiven bedeutet auch Menschen mit Behinderung, fette Menschen, Schwarze Menschen und viele mehr zu Wort kommen zu lassen – denn Sex und Liebe sind für alle da, die Bock haben.
Natürlich ist es cool, dass so viele Expert*innen überhaupt rangezogen worden sind und wirklich gute und wichtige Informationen übermitteln, wie beispielsweise Erika Lust, die in ihrem Artikel “Was ist Sex?” mit dem Stereotyp des Hetero-Penetrationssex (also Penis in Vagina und fertig) bricht. Oder die zwei Männer, die über das Stigma von HIV und Aids sprechen. Außerdem geht es auch um Pornos, wer sie schaut und was es so gibt an Pornos und was eigentlich Sexarbeit ist. Der letzte Teil des Buches bricht auch mit einem weiteren Tabuthema: sexueller Gewalt und Missbrauch sowie der Umgang damit. Fragen wie “Was kann ich tun? An wen wende ich mich? Wo fängt Konsens an und wo hört er auf?” werden besprochen und geben jungen Menschen Handlungsmöglichkeiten an die Hand.
Aber ein kleiner Wunsch von mir (und vielleicht ja auch anderen): wenn ihr euch fürs gendern (ob mit * oder _) entscheidet, dann zieht es doch auch bitte durch das ganze Buch durch. Sprecht nicht von Geschlechtsumwandlung, sondern Geschlechtsangleichung. Denn wie das Team von Jugend gegen Aids sagt: Sprache ist mächtig – so please, watch your language. Das Gleiche gilt für die Bilder, die in dem Buch gezeigt werden: ästhetisch toll, aber westlichen Normen (also hauptsächlich weiße, dünne Körper) angepasst. Zeigt fette Körper, zeigt BIPOC Körper, zeigt haarige Körper, denn nicht alle Jugendlichen sind weiß und dünn.
Es ist eine Herausforderung allen Menschen gerecht zu werden, gerade wenn es um Aufklärung geht. Aber ich glaube, dass man diese Herausforderung gut meistern kann, wenn mehr Menschen einbezogen werden die queer sind, die nicht weiß sind, die nicht binär sind, die Trans* sind, die Menschen mit Behinderung sind, die BIPOC sind.
Das Buch hat auf jeden Fall viele Stärken, macht tolle Aufklärungsarbeit und ist sich für kaum ein Thema zu schade – das ist cool! Aber wie immer gilt: Wir können noch so viel mehr machen, um mit Stereotypen zu brechen, um gegen Diskriminierung vorzugehen – FAQ YOU ist auf jeden Fall schonmal ein (kleiner) Anfang. Ich würde trotzdem allen empfehlen einen Blick in das Buch zu werfen, durchzublättern und sich darüber zu freuen, dass endlich offen über Sex, Liebe, Masturbation und so viel mehr gesprochen wird (auch Eltern würde ich empfehlen, mal einen Blick reinzuwerfen. Vielleicht wird das Aufklärungsgespräch dann weniger peinlich ;-)).
Gewinne ein Exemplar von FAQ YOU!
Dein Interesse am Buch ist geweckt? Dann nimm an unserer Verlosung teil: Zu gewinnen gibt es ein Exemplar von FAQ YOU! Schick uns einfach bis zum 20.03.2020 (24 Uhr) eine Mail, in der du kurz schreibst, warum du FAQ YOU lesen möchtest, an redaktion[at]diversmagazin.de.
Die*der Gewinner*in wird bis zum 22.03.2020 per Mail benachrichtigt. Wenn du keine Mail von uns bekommst, hast du leider kein Exemplar gewonnen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Ansonsten könnt ihr das Buch online oder in eurem Lieblingsbuchladen bestellen oder kaufen. Es kostet 19,95€ und die Einnahmen werden für die Aufklärungsarbeit von Jugend gegen Aids benutzt sowie um kostenfreie Exemplare für Schulen zur Verfügung zu stellen.
Du fragst dich, was BIPOC heißt? Was Trans* und Cis heißt? Und was ist dieses gendern? Keine Panik, schau doch mal bei unserem Glossar vorbei. Nach dem habe ich meine Sprache ausgerichtet, denn again: Sprache ist mächtig und wir können sie ändern 🙂
Eine Rezension von Lea Terlau
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Jugend gegen Aids e.V.
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