Krisen als solche behandeln: Was uns das Coronavirus über den Klimawandel lehrt

Die Coronakrise lehrt uns nicht zuletzt eines: Erkennen wir Krisen nicht als solche an und handeln nicht dementsprechend, hat das weitreichende Konsequenzen — und zwar für uns alle.

Seit Wochen hören, lesen und reden wir unentwegt von Corona. Das neue Virus stellt uns vor eine neue Situation, die vielen Angst macht, uns vor Herausforderungen stellt und dessen Auswirkungen uns alle betrifft. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Fotos von menschenleeren Städten und sauberen Flüssen viral gingen und Belege positiver Auswirkungen des Coronavirus auf das Klima publik wurden. Auf diese Informationen folgte die Kritik, dass Krisen nicht positiver dargestellt werden sollten als sie tatsächlich sind. Gewisse Situationen müssen ebensowenig optimiert werden wie unsere eigene Zeit währenddessen. Doch vielleicht können wir dennoch etwas aus der Krise lernen.

Laut der Johns Hopkins University haben sich bis zum gegenwärtigen Stand weltweit mehr als 5 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Über zwei Millionen dieser Infizierten sind demnach bereits wieder genesen, andere erlagen dem Virus. Derweil verbreitet sich das Virus weiter. Menschen, die nicht infiziert sind, sind dennoch betroffen. Zwangsurlaube und Kurzarbeit werden verordnet, viele verlieren ihre Jobs. Die Lage unterscheidet sich von Land zu Land. Dabei wären die Folgen in einigen Ländern nicht so drastisch, hätten die jeweiligen Regierungen diese Krise als solche erkannt und dementsprechend konsequent gehandelt.

„Niemand hätte die Gefährlichkeit des Virus auch nur ahnen können“

Länder, die zu spät an die Existenz eines neuartigen Virus geglaubt oder dessen Gefahr nicht eingesehen haben, leiden jetzt am stärksten unter dem Virus und dessen Folgen. So wurden in vielen Ländern erst spät Maßnahmen ergriffen. Der Berater der US-amerikanischen Regierung Anthony Fauci bestätigte, dass auch die USA nicht rechtzeitig handelten und dadurch nun Menschen sterben, deren Leben hätten gerettet werden können. Informationen über das neuartige Virus und die Gefahr, die es mit sich bringt, hätten das Weiße Haus bereits im Januar erreicht. E-Mails zufolge war auch bekannt, dass Infizierte teils keinerlei oder kaum Symptome aufweisen, aber dennoch, selbst während der Inkubationszeit, ansteckend sind. Auch Berichte von Tests, die zunächst negativ später jedoch positiv ausfielen, seien bekannt gewesen.

Trotz all der Warnungen anderer Länder, Regierungen, der Medien und Berater*innen spielte Donald Trump die Situation immer wieder herunter. So war auch die im Februar ausgehängte Beschränkung des Reiseverkehrs zwischen China und den USA nicht ausreichend. Erst Mitte März, als das Virus bereits in weiten Teilen des Landes verbreitet war, folgten stärkere Konsequenzen. Diese wurden begleitet von Trumps Beteuerungen, niemand hätte die Gefährlichkeit des Virus auch nur ahnen können.

So sind, laut Trump, viele Schuld an der Situation. China, die WHO, Gouverneure einiger US-Staaten und nicht zuletzt die Medien würden Informationen vertuschen und Zahlen verleugnen. Nur er selbst habe von nichts gewusst. Doch so absurd dieses auf andere Zeigen und sich selbst aus der Verantwortung ziehen auch klingen mag, helfen wird es niemandem. Trumps verzweifelter Versuch China falscher Zahlen zu beschuldigen, macht die der USA in keinster Weise besser. Zahlungen an die WHO zu stoppen wird keine Leben retten, im Gegenteil. Inzwischen haben sich laut der Johns Hopkins University in den USA über eine Million Menschen mit Covid-19 infiziert und über 25 Millionen Menschen haben ihre Arbeit verloren.

Natürlich sind die USA nicht das einzige Land, dessen Regierung die Situation heruntergespielte und zu spät reagierte. Es ist jedoch ein Beispiel dafür was passiert, wenn man die Augen vor Tatsachen verschließt. Länder wiederum in denen schnell reagiert wurde, konnten eher eine Verlangsamung der Ausbreitung beobachten. So erklärt auch Virologe Christian Drosten, dass die Verhängung eines Lockdown oder anderer Maßnahmen einen Rückgang der Covid-19 Fälle bewirke.

Die Coronakrise macht deutlich was passiert, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird.

Es zeigt sich, dass umso schneller und effektiver gehandelt werden kann, je früher die Ernsthaftigkeit einer Situation erkannt wird. Diese Handlungsmöglichkeit wiederum hat immense Auswirkungen darauf, wie schwerwiegend die Folgen einer Krise sind. Genau aus dieser Erfahrung kann und sollte gelernt werden. Krisen müssen als Krisen erkannt werden — und zwar nicht erst, wenn sie weit vorangeschritten sind. Die Coronakrise hat schwere Auswirkungen, weil nicht schnell genug reagiert wurde. So macht die Krise deutlich was passiert, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird.

Auf ähnliche Handhabungen, sowohl bezüglich der Rhetorik als auch der Handlungen, treffen wir in der Debatte um den Klimawandel. Auch hier sprechen viele bereits von einer bevorstehenden Klimakrise. Gleichzeitig wollen einige dies nicht wahrhaben. Dabei ist die Veränderung des Klimas bereits spürbar. Seit der vorindustriellen Zeit, also ca. 1880, ist der Meeresspiegel um nahezu 25 Zentimeter und die Temperatur um fast einen Grad angestiegen. Die Auswirkungen bekommt zunächst vor allem der globale Süden— bislang vor allem mittels Dürreperioden — zu spüren. Aber auch in Europa und im globalen Norden im allgemeinen werden die Folgen verheerend sein. Wetterextreme, wie Dürren, Stürme und Fluten, werden nicht ausbleiben. Und wenn es so weit ist, wird es zu spät sein, um etwas an der Situation zu ändern. In Deutschland sind bereits jährlich erhebliche Ernteausfälle in der Landwirtschaft zu beobachten. Existenzen von Bäuer*innen sind bedroht. Dennoch leben wir weiter wie gehabt. Als würden all die Folgen des Klimawandels noch in weiter Ferne liegen — schlimmer noch, als würde der Klimawandel nicht existieren, wenn wir die Augen nur fest genug schließen. Aber Krisen machen nicht halt vor Menschen, nur weil sie Wohlstand genießen.

Mit Vertrauen, Voraussicht, Zusammenhalt und Reflexion von Privilegien gegen soziale Ungleichheit.

Trotz der Fakten, die uns bezüglich des Klimawandels vorliegen, der Warnungen, der Zukunftsszenarien, die überall nachzulesen sind, wird nicht dementsprechend gehandelt. Wie Länder bisher auf die Warnungen eingehen, lässt sich unter anderem dem Climate Change Performance Index 2020 entnehmen. Diesen Index kann man sich auch als Ranking aller Länder in Bezug auf Leistungen, die dem Klimaschutz dienen sollen, vorstellen. Da kein einziges Land der Welt genug unternimmt, sind die ersten drei Plätze noch immer unbesetzt.

Die Coronakrise hat nur zur deutlich gezeigt, dass das Virus keinen Unterschied macht, wer wir sind. Wir alle können uns infizieren. Ebenso muss sich jede*r von uns einschränken. Die jetzige Situation beweist, dass uns Krisen nach und nach alle treffen und unser Leben einschränken. Wenn auch nicht im gleichen Maße. Schließlich zeigt die Coronakrise nicht zuletzt erneut soziale Ungleichheiten auf. Vertrauen, Voraussicht, Zusammenarbeit und -halt können dem entgegenwirken. Privilegierte Positionen müssen erkannt und verantwortungsvoll genutzt werden. Durch ein erneutes ausbleibendes oder nicht rechtzeitiges Handeln, weil es doch scheinbar nur die anderen treffe, stehen wir erneut vor einer großen Herausforderung. Wir müssen lernen, Krisen als solche zu erkennen und zu behandeln. Die Coronakrise hat uns alle getroffen, ebenso wird uns die Klimakrise treffen. Noch haben wir in der Hand in welchem Ausmaß dies geschehen wird.

Ein Artikel von Marieke Bäumer

Titelbild von Jeyaratnam Caniceus auf Pixabay

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