Aufrüstung und Abschreckung ist doch so 20. Jahrhundert, wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Eigentlich kann es doch nicht so weitergehen. Tut es aber.
Das Ende eines populistischen Präsidenten der Vereinigten Staaten wirkt wie Licht am Ende eines langen dunklen Tunnels. Endlich gibt es Hoffnung, besonders in Europa zu. Man freut sich richtig auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Demokraten im Weißen Haus.
Es scheint ja auch gut loszugehen: mit einer Rückkehr der USA in das Pariser Klimaabkommen und in die Weltgesundheitsorganisation. Die Zukunft darüber hinaus ist jedoch mehr als ungewiss. Die Welt steht nach wie vor gespalten vor neuen Herausforderungen. Auch eine neue Führung des Global Players USA wird nicht alles richten können. Probleme und Tendenzen werden bleiben, da kann ein Präsident auch nicht Wunder wirken. Biden wird hoffentlich einfach konstruktiver Probleme lösen als sein Vorgänger, dennoch stehen global gesehen viele Zeichen auf Eskalation.
Panzer statt Worte
Am 22. Januar 2021 trat der neue Atomwaffenverbotsvertrag, kurz AVV, in Kraft. Ratifiziert wurde das Verbot von nuklearen Waffen vorwiegend in Staaten in Südamerika, Afrika und Asien. Der Großteil der europäischen Staaten, wie auch Deutschland, verzichteten auf das Verbot.
Grund dafür ist die Mitgliedschaft in der NATO (Nordatlantikpakt). Solange es außerhalb der NATO nämlich Atomwaffen gibt, wird die NATO selbst auch Atomwaffen besitzen, so die Begründung für das Nein zum Atomwaffenverbot.
Deutschland setzt somit ein Zeichen: Abrüstung, nein danke! Es wird weiterhin global auf Abschreckung gesetzt. Bündnisse wie die NATO wollen nach außen weiterhin Stärke demonstrieren, um den eigenen Machterhalt in der globalen Ordnung zu gewährleisten.
Die nuklearen Waffen bleiben nun weiter in Rheinland-Pfalz stationiert und sind bereit, auch von deutschen Streitkräften eingesetzt zu werden. Die Mittel dafür stehen zur Verfügung und das wird sich auch erstmal nicht ändern. Hoffentlich wird dieser Tag jedoch nie kommen.
Rekord 2021: 46,9 Milliarden Euro für die deutsche Verteidigung
Abgesehen von dem Standpunkt der Abschreckung durch nukleare Waffen, soll die NATO als Ganzes gestärkt werden. Damit ist gemeint, dass jedes Bündnismitglied zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigungsausgaben aufbringen soll, so die Vorgaben. Das Geld wird für das Militär, die Instandhaltung der Technik, aber auch für Investitionen wie neue Panzer oder Flugzeuge verwendet. Deutschland hat dieses Ziel bis heute nicht erfüllt. Das soll sich aber bald ändern: Die Ausgaben für die Verteidigung steigen Jahr um Jahr. 2020 auf 1,57% des deutschen BIPs, auf knapp 47 Milliarden Euro. Auch in Krisenzeiten, wie den jetzigen, kehrt die Debatte wieder zurück zu dieser goldenen Marke, die es zu erfüllen gilt. Mehr Geld also, welches wortwörtlich verpulvert wird. Bundesweit wird diskutiert, wo weitere finanzielle Hilfen in den Krisenzeiten machbar sind und gebraucht werden, währenddessen die Rüstungsausgaben trotz Corona-Wirtschaftskrise steigen.
2020 waren es etwa 45 Milliarden Euro. Verschiedene Quellen nennen auch verschiedene Zahlen. Gründe dafür sind vor allem die Unterschiede zwischen den geplanten Ausgaben und den tatsächlichen am Ende des Jahres. Außerdem gibt es auch verschiedene Kriterien, wie Rüstungsausgaben definiert werden. So kann auch der Bau eines neuen NATO-Hauptgebäudes im weiteren Sinne mitgezählt werden.
Die oben genannten Zahlen sind direkt von der Internetseite des Bundesministeriums für Verteidigung. Da gibt es offizielle Statements zu Abrüstung, Friedenssicherung, der NATO und vielem mehr, wie auch schöne Bilder von Panzern.
Das Thema der Rüstungsausgaben trat nach dem Machtwechsel in Washington wieder mehr in den Fokus. Die Zwei-Prozent-Marke soll nun umso schneller erfüllt werden, um so dem neuen Präsidenten der USA “auf Augenhöhe” zu begegnen und die Basis für eine gute Zusammenarbeit garantieren. Panzer und Gewehre braucht es also, ganz platt gesagt, für eine gute Kommunikation von USA und Deutschland.
Die Werte, die Deutschland dadurch vertritt, um eine bestimmte Rolle einzunehmen, sind somit klar. Militärische Stärkung der Bündnisse, wie der NATO, dient dem Fall, andere Nationen fernzuhalten und Bedrohungen abzuwenden.
Waffen für den Weltfrieden
Im Gründungsvertrag der NATO bekannten sich alle Mitglieder für die Grundwerte der Freiheit, Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Friedens. So heißt es auch auf der Internetseite der Bundesregierung: Die Bundesrepublik Deutschland engagiert sich aktiv in Bündnissen wie der NATO oder den Vereinten Nationen für Abrüstung und Rüstungskontrollen.
Es gibt sie also wirklich: Die Waffen für den Frieden. Bei NATO-Einsätzen werden die deutschen Waffen weiterhin eingesetzt, um Frieden zu schaffen wie im Kosovo und in Afghanistan. Es wird weiter im eigenen Land in Verteidigung und Rüstung investiert und aufgerüstet, aber in andere Regionen der Welt soll dadurch Frieden und Demokratie getragen werden. Die Widersprüchlichkeit ist offensichtlich. Glaubwürdig ist das nicht, liebe Bundesrepublik.
Nebenher ist die deutsche Rüstungsindustrie weiterhin sehr aktiv. Unternehmen der Rüstungsindustrie, wie Rheinmetall oder ThyssenKrupp, profitieren in Milliardenhöhe, 2019 etwa acht Milliarden. Die Rüstungsgüter werden an viele verschiedene Staaten geliefert, auch an Staaten wie Ägypten, Irak oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dass die Waffen oder Rüstungsgüter auch in falsche Hände geraten, ist zwar durch die deutschen Richtlinien nicht vorgesehen, aber es geschieht dennoch. So wurden schon deutsche Granatsplitter bei einem Angriff mit zivilen Opfern im Jemen-Krieg nachgewiesen. Die Richtlinien für den Export besagen, dass die Rüstungsgüter nicht für Menschenrechtsverletzungen in unsicheren Staaten benutzt werden dürfen. Tja, die Kontrollen der Bundesregierung greifen jedoch nicht richtig. Durch Tochterunternehmen der Konzerne können die Regeln umgangen werden. Was bleibt, sind die Gewinne für die Unternehmen, Tote und eine unwirksame Politik.
“Abrüstung und Rüstungskontrolle sind wesentliche Elemente einer vorausschauenden Sicherheitspolitik.” – Bundesverteidigungsministerium
Der Finger schwebt weiter über dem roten Knopf, anstatt Zusammenarbeit frei von Waffen voranzutreiben. Das globale Säbelrasseln geht im 21. Jahrhundert ungehindert weiter.
Das hört sich alles nicht nach nachhaltigen Ansätzen an, um für mehr Frieden, Klimaschutz und mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Besonders mit so großen Widersprüchen, wie die Aussagen der Bundesregierung und dem eigenen Handeln. Von einer wahren Haltung für Freiheit, Frieden und Demokratie, fehlt daher jede Spur. Wird das schlussendlich zu einer besseren Welt und einer besseren Zukunft führen? Fraglich.
Die Szenarien sind ungewiss, das sagen auch Expert:innen und meinen damit, dass die Ordnung der globalen Welt, wie wir sie kennen, in der Schwebe hängt. Es braucht klare Zeichen für die globale Abrüstung und für die Einhaltung der Menschenrechte, sonst wird sich an dem Ringen der Kräfte durch Waffen nichts ändern. Manche werden gewinnen, die meisten werden verlieren.
Wird doch mal Zeit für ein Umdenken, ganz ohne Munition!
Weitere Tipps zum Nachlesen:
- Jährliche Berichte des SIPRI (Stockholmer Institut für Friedensforschung)
Der Bericht von 2020 ist schon verfügbar, die deutsche Übersetzung wird auch bald kommen. Da dann mehr zu Waffentransfers, Ausgaben und der globalen Sicherheit - Eine weitere Initiative mit vielen weiteren Informationen: Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!
- Die Rolle deutscher Banken und Investitionen in Rüstung und Nuklearwaffen
Ein Text von Tanja Schmidt
Titelbild von Wikilmages auf pixabay
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