Im Laufe der Geschichte hat das Germanentum eine vielschichtige Rolle eingenommen, besonders im Rahmen der nationalsozialistischen Ideologie. Die Nationalsozialisten nutzten die Symbolik des Germanentums, wie Runen und Symbole der Wikinger, um ihre eigene Vorstellung von der arischen Rasse zu kreieren. Diese Aneignung wurde unter anderem von Persönlichkeiten wie Karl Banghard vorangetrieben, der das Germanentum als zentralen Bestandteil der deutschen Identität propagierte. Die völkische Bewegung spielte eine wesentliche Rolle bei der bewussten Interpretation dieser kulturellen Elemente, indem sie historische Ereignisse, wie die Varusschlacht, neu bewerteten, um ein Überlegenheitsgefühl zu erzeugen. Institutionen wie das Lippische Landesmuseum Detmold beschäftigen sich mit diesem Thema, um die komplexe Geschichte des Frühmittelalters und seine Symbole zu beleuchten. Gleichzeitig zeigt sich, dass die europäische Idee und das Erbe des Germanentums nicht einheitlich sind, sondern Raum für unterschiedliche Interpretationen bieten. Daher bleibt der Mythos des „dummen Nazis“ ein verzerrtes Bild, das in der heutigen Gesellschaft häufig kritisch hinterfragt wird.
Die historische Instrumentalisierung durch Nazis
Die nationale Identität der Nationalsozialisten wurde durch eine systematische historische Instrumentalisierung verzerrt, die sich vor allem auf Symbole des Germanentums und die Wikingersymbolik stützte. Rassenideologen wie Karl Banghard propagierten die Vorstellung einer nordischen Rasse, die als überlegen galt, während sie die Arier als Herrenmenschen in den Vordergrund stellten. Um ihre Ideologie zu untermauern, zogen sie auch auf fragwürdige Quellen wie die „Protokolle der Weisen von Zion“ zurück. Diese Technologien der Propaganda trugen dazu bei, ein nationalistisch geprägtes Weltbild zu schaffen, das Hitler und seine Gefolgsleute für ihre brutalen Expansionen in Europa und die vermeintlichen Bedürfnisse nach Lebensraum für ihre Rassenpolitik verwendeten. Neonazis und die völkische Bewegung griffen diese verzerrte historische Wahrheit auf, um ihre Ideale des Nationalismus und der ethnischen Reinheit zu propagieren. Historische Mythen über den Holocaust und die kollektive Schuld der Deutschen wurden im gleichen Atemzug instrumentalisiert, was nicht nur die Erinnerungskultur, sondern auch die gesellschaftlichen Denkmuster nachhaltig beeinflusste. Richard Herzinger hat in seinen Analysen aufgezeigt, wie diese Ideologien noch heute in urbanen Mythen und politischen Diskursen fortwirken.
Der Mythos im Kontext der Wahrnehmung
Im Rahmen der deutschen Mythenproduktion sind der Bismarck-Mythos und der Hermannmythos zentrale Elemente, die bis in die Gegenwart nachwirken. Diese Mythen prägen nicht nur die nationale Identität, sondern beeinflussen auch die moralische Wahrnehmung der Gesellschaft. Der Eisenner Kanzler Otto von Bismarck, als ein Symbol für erfolgreiche Außenpolitik, und die heroische Figur von Hermann dem Cherusker sind tief in das mythische Denken verwoben. Sie vermitteln ein Gefühlssubstrat, das den Naturzwang und das blinde Schicksal in der Geschichte der Deutschen reflektiert. Die kritischen Mythosbegriffe von Denkern wie Walter Benjamin und Theodor W. Adorno helfen, die Dimensionen des moralischen Realismus zu durchleuchten und bieten einen epistemischen Zugang zu den Verflechtungen von gesellschaftlicher Wahrnehmung und Mythenbildung. In Zeiten des Nationalsozialismus wurden diese Mythen besonders manipulative instrumentalisierte, was zur ewigen Wiederkehr von Stereotypen führte, wie dem Mythos des dummen Nazis. Diese verzerrte Wahrnehmung hat nachhaltige gesellschaftliche Folgen, da sie den Diskurs über Identität und Verantwortung erheblich beeinflusst.
Gesellschaftliche Folgen der Mythenbildung
Mythen und Erzählungen rund um den Nationalsozialismus haben tiefgreifende gesellschaftliche Folgen gehabt und prägen bis heute die Wahrnehmung der Ereignisse um Hitler und die nationalsozialistische Ideologie. Die politischen Bedeutungen dieser Mythen sind nicht zu unterschätzen, da sie zur Nationenbildung und zur Festigung nationalistischer Denkmuster führten. Der Mythos des dummen Nazis reduziert die Komplexität des Nationalsozialismus und ignoriert die strategischen Überlegungen bezüglich Lebensraum und Weltherrschaft.
Historiker, die sich mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen, betonen oft die Inszenierung von Ereignismythen, welche die Gesellschaft in ihrer Erinnung und Identität beeinflussen. Heldenbilder entstehen, die Frauen und Männern unterschiedliche Rollen zuweisen, und die die oft als glorifizierend wahrgenommenen Kriminalität oder die Errungenschaften wie Autobahnen oder das Bernsteinzimmer in den Fokus rücken.
Insgesamt verstärken Verteidigungsmythen, die sich auf alte Topoi aus dem 19. Jahrhundert beziehen, den Eindruck einer vermeintlichen Befreiung durch das Regime, während die komplexeren Wahrheiten über die Schrecken des Nationalsozialismus in den Hintergrund gedrängt werden. Solche vereinfachenden Vorstellungen beeinflussen noch heute die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte.